[Rezension] Wachstumsschmerz - Sarah Kuttner

Mit ihrem Freund endlich zusammenzuziehen, hat sich Luise irgendwie anders vorgestellt. Plötzlich tanzen die beiden nämlich nicht mehr zu Manfred Krug oder haben Sex auf dem Küchentisch, sondern bekriegen einander.
Wird ihre vierjährige Beziehung auch weiterhin bestehen bleiben oder sind sie von einer gemeinsamen Zukunft noch zu weit entfernt?
Mängelexemplar ist ein vom Fischer Verlag veröffentlichtes Taschenbuch. Verfasst wurden die knapp 290 Seiten von Sarah Kuttner.

Woran sollen wir denn wachsen?
Luise und Flo sind seit nun mehr als vier Jahren zusammen. Mit Ende zwanzig beschließt das Paar, gemeinsam einen großen Schritt in Richtung Zukunft zu wachsen und bezieht eine Wohnung. Das Leben der beiden gestaltet sich aber doch etwas schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatten. Luise braucht immer mehr Zeit für sich selbst, während Flo immer mehr "Wir-Zeit" haben möchte. Die Differenzen werden vor allem für die junge Frau zu einem Drahtseilakt der Nerven. Statt weiterhin ausgiebig zu Manfred Krug zu tanzen oder auf dem Küchentisch Sex zu haben, zieht sich Luise zurück. Erstmals wird ihr bewusst, wie unzufrieden sie mit ihrem persönlichen Werdegang zu sein scheint. Ist der Job in der Schneiderei wirklich das, was sie wollte? Kann sie sich vorstellen, Flo zu heiraten, mit ihm Kinder zu bekommen?
Irgendwann hält sie es nicht mehr aus, die Last der letzten Monate scheint ihr vor die Füße zu fallen und erstmals teilt sie ihre Gedanken mit ihrem Partner. Doch wird Flo sie verstehen können oder wird einer von beiden ausziehen müssen?

Auch mir hat das Lesen ein wenig geschmerzt
Wachstumsschmerz ist ein unglaubliches schönes Buch. Man merkt, wie sehr Flo und Luise einander lieben, doch dem Leser wird auch schnell bewusst, dass Luise erst ihr eigenes Leben in die richtigen Bahnen lenken muss, bevor sie für so einen großen Schritt wie das Zusammenziehen wahrhaftig bereit ist. Ich habe viel mit Luise gelitten und oftmals wollte ich sie einfach nur in den Arm nehmen und sie trösten. Die junge Frau ist ein sehr offener und direkter Mensch, sie kann nicht anders, als die Wahrheit auszusprechen, selbst wenn sie damit ihren Mitmenschen mehr oder weniger seelischen Schaden zufügt. Das hat mich selbst sehr zum Denken angeregt, da ich mich in ihr mehr oder weniger wiederfinden konnte (nicht zuletzt auch konnte ich ihre Beziehung mit Florian auf meine eigene projezieren). Dieses Buch lädt zum Nachdenken an. Sarah Kuttner hat einen wunderschönen, frechen Schreibstil. Nach knapp zwei Tagen hatte ich den Roman schon wieder durchgelesen. Auch, wenn das Ende mehr oder weniger offen war und ich gerne noch ein wenig länger an Luises Leben teil genommen hätte, würde ich es immer und immer wieder lesen (werde ich bestimmt auch noch einmal). Klare Empfehlung!

Von mir gibt es ★★★★★ von ★★★★★ Sterne.

"Und auf der anderen Seite bin ich so schlecht im Loslassen. Ich kann
auf Vergangenes nie zufrieden oder gar glücklich zurücksehen, ich empfinde
immer Schmerzen dabei. Immer das qualvolle Gefühl von Verlust.
Das Bewusstsein, dass manche Dinge so wertlos oder unaufgeregt sie teilweise
auch gewesen sein mögen, abgeschlossen und unwiderruflich vergangen sind,
drückt mir das Herz zusammen."

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